Ein Jahr ohne Zuschauer: Daniel Hopp im Interview

Heute ist ein trauriger Tag: Ein ganzes Jahr ist es nun schon her, dass zum letzten Mal Besucher durch die Pforten der SAP Arena strömten. Arena- und Adler-Geschäftsführer Daniel Hopp spricht im Interview über die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie, die gesellschaftliche Bedeutung der Veranstaltungsbranche und darüber, was ihm seither am meisten fehlt.

Herr Hopp, ein Jahr ohne Zuschauer. Was geht Ihnen am heutigen Tag durch den Kopf?

Daniel Hopp: Ein solches Szenario hätte ich mir niemals träumen lassen. Diese Pandemie hat uns alle unvorbereitet getroffen. Vor allem haben wir heute vor einem Jahr sicherlich nicht damit gerechnet, dass sich die Pandemie über einen derart langen Zeitraum erstrecken würde. Ein sehr bitteres und trauriges Jahr liegt hinter uns.

Wie steht es um die SAP Arena? Wie hoch ist der wirtschaftliche Schaden inzwischen?

Hopp: Der wirtschaftliche Schaden ist riesig. Wir haben Monate gehabt, in denen wir bis zu 95 % Umsatzrückgang zu verzeichnen hatten – da wird einem schon angst und bange. Man hat über 15 Jahre etwas aufgebaut und solide gewirtschaftet und dann wird einem von heute auf morgen sein Geschäft verboten. Glücklicherweise gehören wir zu denjenigen, die Hilfe bekommen. Wir fühlen uns daher auch nicht vergessen. Vor allem das Instrument der Kurzarbeit ermöglicht es, dass wir unsere Arbeitsplätze erhalten können, um nach der Krise wieder mit einem motivierten Team an den Start gehen zu können. Was mir aber große Sorgen bereitet, ist die Frage, ob sich die Wirtschaft von der Krise erholen wird und inwiefern die Pandemie das Konsumverhalten der Menschen verändert hat – gerade in Hinblick auf Großveranstaltungen. Ich bin grundsätzlich optimistisch, dass Menschen wieder Veranstaltungen besuchen und ausgelassen zusammen feiern werden. Trotzdem muss man auch dieser Frage mit Respekt begegnen und sich möglicherweise auf eine Änderung des Konsumverhaltens einstellen.

Sind Sie mit dem Krisenmanagement der Politik zufrieden?

Hopp: Wir sind dankbar für die wirtschaftlichen Hilfen, die uns angeboten wurden. Dadurch können wir sicherstellen, dass wir durch die Krise kommen. Die Politik hat eine Herkulesaufgabe zu lösen. Wir reden hier von einer weltweiten Pandemie, die bislang Millionen Menschenleben gekostet hat und die uns alle mehr oder weniger unvorbereitet getroffen hat. Dass in einer solchen Ausnahmesituation nicht alles optimal läuft, liegt in der Natur der Sache. Ich wollte mit keinem Politiker tauschen und derart schwierigen Entscheidungen treffen müssen, aber natürlich hätte auch ich mir bei einigen Themen mehr Tempo gewünscht.

Die SAP Arena ist Teil eines breiten Bündnisses aus Wissenschaft, Sport und Kultur, das jüngst ein umfassendes Konzept zur Rückkehr von Zuschauern und Gästen veröffentlicht hat. Was erhoffen Sie sich davon?

Hopp: Wir wollen und müssen auf uns aufmerksam machen. Die Veranstaltungsbranche ist wichtig, Kultur- und Sportevents haben eine bedeutende gesellschaftliche Funktion. Menschen wollen unterhalten werden, möchten zusammenkommen und miteinander interagieren. Und wir wollen diese Unterhaltung möglichst schnell wieder anbieten und Menschen bei uns begrüßen, natürlich unter Einhaltung aller gesundheitsrelevanten Maßnahmen.

Wagen Sie eine Prognose, ab wann die sukzessive Rückkehr zum regulären Veranstaltungsbetrieb tatsächlich möglich sein wird?  

Hopp: Das ist ein schwieriger Blick in die Glaskugel. Meine große Hoffnung ist, dass die Politik die Voraussetzungen für eine Beschleunigung des Impfens schafft und so die Rückkehr von Zuschauern im dritten Quartal dieses Jahres ermöglicht.

Ob Konzerte, Shows oder Spiele der Adler Mannheim und Rhein-Neckar Löwen – um die Großveranstaltungen der SAP Arena erfolgreich über die Bühne zu bringen, ist das Team der SAP Arena auf die tatkräftige Unterstützung zahlreicher externer Dienstleister angewiesen. Wie geht es diesen – häufig von der Eventbranche abhängigen – Unternehmen in der Corona-Krise?

Hopp: Um es mit einem Wort zu sagen: SCHLECHT. Auch unsere Dienstleister befinden sich seit nunmehr einem Jahr mehr oder minder im vollen Lockdown. Viele Menschen, die die Branche jahrelang gestützt haben, mussten sich umorientieren und sind nun möglicherweise für die Eventbranche für immer verloren. Ein herber Verlust, der schwer aufzufangen ist. Wir alle sind völlig unverschuldet in diese Krise hineingeraten. Und zwar von heute auf morgen. Daher ist es wichtig und richtig, dass die Politik wirtschaftlich unterstützt und den vielen Solo-Selbstständigen unter die Arme greift.

Vor der Pandemie war die Arena zu Spitzenzeiten nicht selten Schauplatz wahrer Event-Marathons – im November 2019 fanden beispielsweise 7 Veranstaltungen in 8 Tagen mit rund 60.000 Zuschauern statt. Was fehlt Ihnen am meisten?

Hopp: Die Interaktion mit den Menschen. Das Zusammensein und die sozialen Kontakte. Ich persönlich bin langsam ermüdet von Videokonferenzen und Telefonaten. Ich wünsche mir einfach den guten alten Arena-Alltag wieder – mit Gesprächen auf dem Gang, dem Shakehands nach Terminen und dem gelegentlichen gemeinsamen Bier nach einer erfolgreichen Veranstaltung.

Die Adler Mannheim stehen inzwischen immerhin wieder auf dem Eis, seit Dezember läuft die DEL-„Geistersaison“ 2020/21. Wie skurril ist die Atmosphäre am Spieltag in den riesigen fast menschenleeren Hallen?

Hopp: Leider gewöhnt man sich mit der Zeit daran. Ich glaube für die Spieler ist die Situation noch viel schwieriger, weil das „Feedback“ der Fans fehlt. Bei einem Tor oder einer strittigen Schiedsrichterentscheidung denke ich ganz häufig: Wie die Fans jetzt wohl reagieren würden? Eishockey ohne Fans ist nur halb so schön.